Bei diesem Rennwagen geraten nicht nur Scirocco-Fans ins Schwärmen: Der VW Scirocco GT24, die reinrassige Rennversion des legendären Sportcoupés, hat sich einen festen Platz als Motorsport-Legende gesichert. Mit nur elf gebauten Exemplaren zählt der Bolide, der unter anderem beim 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife erfolgreich war, zu den seltensten Rennwagen überhaupt. MotorsportMarkt.de durfte die giftige Rennmaschine zum Tracktest ausführen und verrät alles über die Geschichte, die Technik und die größten Erfolge des Scirocco GT24.
Inhaltsverzeichnis
- Geschichte des Scirocco GT24 (2008 bis 2012)
- Modellvarianten des Volkswagen Scirocco GT24
- Die Technik des Volkswagen Scirocco GT24
- Die größten Erfolge des VW Scirocco GT24
- Scirocco GT24 im Test: Selbstversuch mit Herzklopfen
- Wo kommt der Scirocco GT24 heute noch zum Einsatz?
Geschichte des Scirocco GT24 (2008 bis 2012)
Die Geschichte des VW Scirocco beginnt eigentlich schon im Frühjahr 1974, als Volkswagen die erste Generation des dynamischen Sportcoupés auf den Markt brachte, das die Herzen vieler Autofahrer im Sturm eroberte. Mit seinem kantigen Design und dem innovativen Frontmotor avancierte der Scirocco, der übrigens noch vor dem ersten Golf auf den Markt kam, schnell zum Kultfahrzeug. Dennoch verschwand der Name mit dem Ende der zweiten Generation 1992 für lange Zeit von den Straßen und Rennstrecken dieser Welt - bis er im Jahr 2008 ein spektakuläres Comeback feierte.
Mit der dritten Generation des Scirocco präsentierte VW nicht nur ein neues, modernes Coupé für die Straße, sondern setzte auch im Rennsport ein klares Zeichen. Bereits einige Monate vor der offiziellen Markteinführung wurde beim GTI-Treffen am Wörthersee eine speziell entwickelte Rennversion vorgestellt: der Scirocco GT24. Der reinrassige Rennwagen wurde ausschließlich für den Motorsport gebaut und feierte nur zwei Tage später beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring seine Premiere. Mit Erfolg: Das Werksteam von Volkswagen Motorsport erzielte nicht nur den elften Gesamtrang, sondern auch einen Doppelsieg in der Klasse SP3T.
Modellvarianten des Volkswagen Scirocco GT24
Der Scirocco GT24 wurde in mehreren Varianten und Evolutionsstufen gebaut. Neben der Ursprungsversion mit 325 PS, die 2008 debütierte, folgte zur Saison 2009 der Scirocco GT24-CNG mit Erdgasantrieb. Um die gute Fahrbarkeit, die hohe Leistung und die besondere Zuverlässigkeit des Benziners zu erreichen, mussten die Ingenieure bei der Gemischaufbereitung eine optimale Balance zwischen maximaler Abgastemperatur und voller Ausnutzung des Turbolader-Potenzials finden. Deshalb war die Leistung des Erdgasantriebs mit rund 282 PS zunächst etwas geringer als die der konventionellen Variante. Erst durch eine Weiterentwicklung des Aggregats stieg die Motorleistung zur Saison 2010 auf 243 kW (330 PS).
Eine besondere Herausforderung stellten die beiden Druckgasbehälter neben und hinter dem Fahrer dar, weil der Schwerpunkt des Fahrzeugs dadurch etwas höher lag als beim Benziner. Dies erforderte umfangreiche Anpassungen, um die Performance auf der Rennstrecke zu maximieren. Änderungen gab es aber auch bei der benzinbetriebenen Variante des Scirocco GT24, die in der Saison 2009 aufgrund einer reglementbedingten Verkleinerung des Luftmengenbegrenzers auf 38 Millimeter nur noch 231 kW (315 PS) bei einem maximalen Ladedruck von 2,4 bar leistete.
Bis einschließlich 2011 startete Volkswagen mit dem GT24 in der Langstrecken-Meisterschaft und beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, zuletzt ausschließlich mit der Erdgas-Variante. Nach dem werksseitigen Rückzug wurden die meisten Exemplare des Scirocco GT24 an Privatteams verkauft, die in den Folgejahren noch einmal auf die Rennstrecke zurückkehrten und an die Erfolge des Werkseinsatzes anknüpften. Dabei nahmen einige Teams zusätzliche Modifikationen und Optimierungen vor, sodass je nach Motormapping und Evolutionsstufe bis zu 430 PS erreicht wurden.
Die Technik des Volkswagen Scirocco GT24
Der Scirocco GT24 war für damalige Verhältnisse technisch auf höchstem Niveau. Volkswagen nutzte die Plattform des Serienfahrzeugs und baute den Rennwagen für den Einsatz im Motorsport radikal um. Der Scirocco war zurück - und stärker denn je. Denn die Leistung des serienmäßigen Zweiliter-TSI-Motors mit Turboaufladung wurde auf 239 kW (325 PS) bei 6500 Umdrehungen pro Minute gesteigert. Der Vierventil-Direkteinspritzer liefert ein maximales Drehmoment von 340 Newtonmetern, das bereits bei 2100 Umdrehungen pro Minute anliegt.
Der Antrieb erfolgt bei allen Modellvarianten über die Vorderräder, das 6-Gang-Direktschaltgetriebe (DSG) wird über Schaltwippen am Lenkrad bedient. Weitere Schwerpunkte der Ingenieure unter der Leitung von Andreas Lautner, dem damaligen Technischen Direktor von Volkswagen Motorsport, waren die Aerodynamik, die Optimierung des Getriebes und die Feinabstimmung der Gewichtsverteilung.
Für das zweite Jahr - die Saison 2009 - hat Volkswagen in dieser Hinsicht noch einmal nachgelegt. Ziel über den Winter war es, das Gesamtgewicht zu reduzieren, den Schwerpunkt zu senken und damit das Handling des Fahrzeugs zu verbessern. Dazu wurden Fahrwerk und Karosserie nochmals verfeinert, während mit der Erdgas-Variante gleichzeitig ein zweites Antriebskonzept für die Saison 2009 entwickelt wurde.
Die größten Erfolge des VW Scirocco GT24
Der VW Scirocco GT24 war nicht viele Jahre lang auf der Rennstrecke zu sehen, erzielte in seiner kurzen Geschichte allerdings bemerkenswerte Erfolge. Besonders hervorzuheben sind die Klassensiege beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, wo der GT24 von 2008 bis 2011 jeweils seine Klasse gewann und mit guten Gesamtergebnissen, wie einem elften Platz im Jahr 2008, für Aufsehen sorgte. In der Vorbereitung auf das 24-Stunden-Rennen 2010 stellte Nicki Thiim mit 8:47.337 Minuten sogar den damaligen Rundenrekord für frontgetriebene Fahrzeuge auf der VLN-Variante des Nürburgrings auf. Volkswagen setzte den Scirocco GT24 vier Jahre lang werksseitig beim Langstrecken-Klassiker in der Eifel ein - ohne einen einzigen technisch bedingten Ausfall.
Ein besonderes Kapitel der Erfolgsgeschichte schrieb allerdings das Team LMS Engineering, das 2003 von Andreas Lautner, dem ehemaligen Technischen Direktor von Volkswagen Motorsport, gegründet wurde. In der Saison 2012 gewann das Team mit dem GT24 die VLN-Langstreckenmeisterschaft. Die Piloten Dominik Brinkmann, Christian Krognes und Ulli Andree holten in neun Rennen sieben Siege und wurden verdient Meister. Dieser Triumph unterstreicht einmal mehr die Konkurrenzfähigkeit und Zuverlässigkeit des Scirocco GT24.
Scirocco GT24 im Test: Selbstversuch mit Herzklopfen
Schon der erste Anblick des Scirocco GT24 lässt die Herzen vieler Motorsportfans höherschlagen. Vor mir steht das Chassis #007, das Originalfahrzeug, mit dem LMS-Engineering in der Saison 2012 die VLN Langstreckenmeisterschaft gewonnen hat. Die aggressive Optik mit den weit ausgestellten Radhäusern lässt keinen Zweifel: Der Scirocco GT24 ist gebaut, um die Rennstrecke zu erobern. Diesen seltenen Rennwagen fahren zu dürfen, ist eine Ehre und das Gefühl, dass es dieses Auto nur elf Mal gibt, treibt den Puls zusätzlich in die Höhe.
Trotzdem will ich nicht verzichten und zwänge mich am Käfig vorbei in den Schalensitz. Schon die tiefe Sitzposition in Kombination mit dem MoTeC-Dashboard und dem schlicht gehaltenen Armaturenbrett lässt echtes Motorsportfeeling aufkommen. Lediglich der Schalthebel für den Scheibenwischer lässt erahnen, dass dieser Rennwagen eigentlich auf einem Serienfahrzeug basiert. Die Vorfreude ist groß, also ab auf die Piste.
Mit dem eigentlichen Plan, vorsichtig zu fahren, um unbeschadet wieder an die Box zu kommen, zaubert der GT24 schnell ein breites Grinsen unter den Helm. Der Fronttriebler lässt sich nahezu mühelos beherrschen und vermittelt schnell Vertrauen, zeigt dabei eine beeindruckende Agilität und bleibt immer berechenbar - eine entscheidende Eigenschaft bei Langstreckenrennen auf der Nordschleife, wo jederzeit mit wechselnden Wetterbedingungen zu rechnen ist.
Die große Bremsanlage mit Renn-ABS ist gut dosierbar, könnte gefühlsmäßig jedoch etwas kräftiger zupacken. Das serienmäßige Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG) lässt sich per Schaltwippen am Lenkrad schalten, allerdings mit einer leichten Verzögerung beim Herunterschalten - ein Problem, das Volkswagen nie ganz in den Griff bekam. Das ist letztlich allerdings Gewöhnungssache, und so werden die Zeiten mit jeder Runde schneller.
Vor lauter Fahrfreude und Begeisterung hinter dem Steuer fällt es schwer, ein Ende zu finden. Doch schließlich siegt die Vernunft: Zurück in die Box, wo die Crew bereits wartet. Feierabend mit Herzklopfen und einem breiten Grinsen unter dem Helm. Ich durfte schon unzählige Rennwagen testen, vom TCR-Auto bis zum GTE-Boliden, aber der GT24 gehört seit heute zu meinen Favoriten.
Wo kommt der Scirocco GT24 heute noch zum Einsatz?
Heute ist der Scirocco GT24 auf den Rennstrecken dieser Welt kaum noch anzutreffen. Nicht nur wegen der geringen Stückzahl und der besonderen Geschichte gilt der Rennwagen mittlerweile als Liebhaber- und Sammlerfahrzeug. Ersatzteile sind nicht mehr zu bekommen oder sehr teuer, sodass sich das Fahrzeug nach einem Unfallschaden kaum in den Originalzustand zurückversetzen lässt.
Wenn der GT24 also noch einmal auf der Rennstrecke auftaucht, dann nur bei diversen Trackday-Veranstaltungen, jedoch selten im Rennbetrieb. Historische Modelle wie das Chassis #007, das Meisterfahrzeug der VLN-Saison 2012, werden liebevoll gepflegt. So bleibt der Scirocco GT24 auch viele Jahre nach seiner aktiven Rennzeit ein fester Bestandteil der Motorsportwelt.